Wieviel Eigenverantwortung erwartest du von dir und deinem Umfeld? Können oder müssen wir den Menschen in unserer Gesellschaft zu ihrem Glück verhelfen? Ist es richtig, Menschen zu mehr Verantwortung und Moral zu erziehen? Möglicherweise fragst du dich gerade, worauf ich hinaus möchte?
📷👉🏻 Anna Petzer, unsplash.com
Hast du schon mal das Wort Nudge gehört oder Nudging? Nudges bringen uns dazu, bessere Menschen zu werden. Und sie tun das, ohne dass wir es wirklich merken. Männer kennen den Kleber im Urinal. Wer darauf zielt, trägt dazu bei, dass 80% weniger Urin auf dem Boden landet. Die leicht zugängliche Salatbar gleich beim Eingang des Restaurants, fördert das gesunde Essen. Während die Süssigkeiten eher versteckt und hinter umständlich zu öffnenden Glasscheiben angeboten werden. Selbst Parkbussen sind kleine Stupser, das Fahrzeug richtig zu parken oder gleich auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen. Mein liebster Nudge sind die Treppen, die beim Begehen Klaviertöne erklingen lassen. Dadurch nehmen mehr Leute die gesunde Alternative zur Rolltreppe. Es gibt noch viele andere Bereiche, in denen Nudges dazu beitragen könnten, gesellschaftlich denkwürdiges Verhalten zu verbessern, wie z.B. das Littering.
Ist es richtig, dass wir im Alltag gesteuert werden, ohne es zu merken? Beim Nudging sind die Grenzen zwischen Professionalität und Manipulation fliessend. Denn stimmt das Ziel der Verhaltenssteuerung nicht mit meinem Weltbild überein, redet man schnell von Psychotricks und geheimen Verführern, immer nach dem Motto: Denn wir wissen, was gut für dich ist. Aber warum funktioniert das Nudging so gut und erfolgreich? Wissenschaftler weisen dabei auf das menschliche Bedürfnis nach Zugehörigkeit hin. Nudges helfen den Menschen sich zugehörig zu fühlen, einem Trend, einer Bewegung, einem Ziel. Trotz der immer wieder betonten individuellen Unabhängigkeit, fällen viele Menschen ihre Entscheidung nach wie vor an Vorbildern und dem Verhalten der Masse. Das ist am Flughafen eindrücklich ersichtlich, wenn Reisende mit dem Handy vor den Augen in der Schlage stehen und je länger je stärker jegliche Eigenverantwortung abgeben. Es ist auffällig, wieviele sich plötzlich wie dumme Schafe verhalten.
Parallelen zu Nudging und dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit finden wir auch in der Bibel: «Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts fehlen.» (Psalm 23.1). Das Bild des Schafes kommt an mehreren Stellen immer wieder vor. Doch wer möchte in der heutigen, selbstbestimmten Zeit schon ein Schaf sein? Denn wer kein Schaf ist, braucht keinen Hirten und kann seine individuellen Wege weitergehen. Doch die Selbstbestimmtheit zeigt bei vielen durchaus ihre Grenzen auf. Wir wollen zwar keine Schafe sein, denn wir wissen es besser, als irgend ein Wegweiser. Und obwohl wir es mit unserem heutigen Bildungsstand besser wüssten, tun wir trotzdem nicht das Richtige, das Gesunde, das Umweltverträgliche oder einfach, was uns gut tut. Auf uns alleine gestellt, ohne eine Zugehörigkeit, eine Bewegung, der wir nachfolgen, sind wir schneller verloren. Genau deshalb erzählt Jesus bereits vor über 2000 Jahren von dem Hirten, der seine 99 Schafe stehen lässt, um das eine, verlorene Schaf zu finden und zurück zu bringen (Lukas 15).
Sind wir heute wirklich selbstbestimmter und eigenständiger als vor 2000 Jahren? Können und wollen wir erkennen, dass Zugehörigkeit nach wie vor unser Verhalten steuert. Dass uns die Gesellschaft steuert? Dass Trends, Brands, Celebrities und Influencer unsere modernen Hirten sind? Niemand wird gerne manipuliert und an der Nase herum geführt. Beim Nudging sind Transparenz und die Offenlegung der Absicht ein zentrales Anliegen. Wenn mich meine Sportuhr zu mehr Bewegung verführt, oder mir die Bibel ein entspannteres und glücklicheres Leben ermöglicht, habe ich die Freiheit, davon Gebrauch zu machen.
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