Nach dem durch die Pandemie bedingten Lockdown im 1. Halbjahr 2020 sprechen viele Menschen von einer Rückkehr zur neuen Normalität. Doch welche Normalität ist damit gemeint? Ist es nicht viel eher eine Rückkehr in eine neue Flexibilität?
Vor dem Lockdown herrschte in den Industrieländern jahrelang ein grossartiger Wohlstand. Wir konnten leben, als gäbe es keine Grenzen. Alles war möglich. Alles war sofort verfügbar. Gestern bestellt, heute geliefert. Die beinahe unbegrenzten Möglichkeiten waren Teil der Lebenskultur. Kurz für das Wochenende einen Überseeflug gemacht. Den Junggesellenabschied in einer Weltstadt gefeiert. Das Mass an Selbstbestimmung war maximal ausgeprägt.
Das bis dahin bekannte, hochfrequente Leben ermöglichte eine enorme Erlebnisdichte. Sie war der Lohn für die erforderliche Flexibilität des abwechslungsreichen Lebensstils. Ein intensives Leben, das einiges an Verfügbarkeit und persönlicher Präsenz abverlangte, besonders dann, wenn du mit dem Tempo mithalten wolltest. Im Gegenzug verleihte das hochfrequente Leben immer ein grossartiges Gefühl der Zugehörigkeit, was die Vielzahl an selbsternannten Influencer, Blogger und Trendsetter erklärt. Wir fühlten uns im Driverseat des Lebens. Die Versorgungssicherheit und die Berechenbarkeit waren gefühlt auf einem maximalen Level. Das Berufsleben kostete viel Engagement und Leistungsbereitschaft. Der persönliche Einsatz wurde dank der ausgeprägten Selbstbestimmung und den zahlreichen Möglichkeiten sofort belohnt, ohne Aufschub.
Verursacht durch die Krise mussten viele lernen Verzicht zu üben. Und zwar auf die harte Tour. In kurzer Zeit wurde das öffentliche Leben auf die systemrelevanten Funktionen reduziert. Das persönliche Leben beschränkte sich auf die eigenen vier Wände. Die Einschränkungen galten für Arme und Reiche. Persönliche Freiheiten konnten sich selbst mit Geld nicht in grösserem Umfang geleistet werden. Die Entwicklung der Pandemie war nicht vorhersehbar. Viele mussten neu lernen mit dieser Ungewissheit umzugehen. Wer mag sich schon in Situationen wiederfinden, die immerzu unbekannte Faktoren hervorbringen? In solchen Lebensphasen tendieren wir sehr skeptisch zu werden. Welchen Informationen und welchen Menschen schenken wir unser Vertrauen?
Während die einen im Lockdown viel Zeit und mentale Arbeit damit verbracht haben, sich mit ihrem beruflichen Überleben zu beschäftigen, wurde vom anderen Teil der Bevölkerung im Job, im Haushalt und in der Kinderbetreuung enorm viel geleistet. Es wurde vielerorts um einiges mehr gearbeitet, als je zuvor. Niemand wusste, wie sich die Situation entwickelt? Unterschwellig herrscht inzwischen auch in sicher geglaubten Jobs eine zunehmende Ungewissheit. Für die Beziehung und die Familie bedeutete diese ausserordentliche Lage ebenso eine Belastungsprobe. Gleichzeitig waren aber auch grossartige Initiativen der Nachbarschaftshilfe unübersehbar. Über derart viel Herzlichkeit im Umgang selbst mit bisher wenig bekannten Menschen im weiteren Umfeld konnten viele wirklich nur staunen. In der Krise rücken die Menschen oftmals auch näher zusammen.
📷 Raphael Biscaldi (unsplash.com)
Was machte diese Krise mit jeder einzelnen Person von uns? Wie gehst du mit persönlichen Einschränkungen um? Bist du in solchen Krisenzeiten eher ein Opfer oder ein Autor? Machst du dir eher Sorgen oder siehst du zuerst die verborgenen Chancen? Richtest du deinen Blick eher auf dich oder auf die Menschen in deinem Umfeld? Kennen wir in unserer Kultur die Bescheidenheit überhaupt noch? Sind wir bereit jemand anderem den Vorzug zu geben? Bieten wir anderen Menschen freiwillig das verbleibende Stück an, im Wissen, dass keines mehr für uns bleibt? Stellst du dir vermehrt Fragen wie: «Wann komme ich dran? Was gönne ich mir? Woraus schöpfe ich meine Freude? Warum muss ich der Motivator für alle anderen sein?»
Der Wunsch nach Normalität ist menschlich. Nur die ganz verwegenen Abenteurer wie James Bond, Indiana Jones oder die Superhelden langweilen sich in der Normalität. Doch die Normalität kommt weniger schnell zurück als gewünscht. In den Medien häufen sich Berichte zum ungebrochenen oder erneuten Anstieg der Fallzahlen. Diese neue Normalität braucht eine hohe Flexibilität: Ist das nun die 2. Welle? Kann ich meine Ferienreise antreten? Muss ich wirklich in Quarantäne, wenn meine Destination während dem Urlaub zum Risikoland erklärt wird? Fragen über Fragen. Die Ungewissheit bleibt hoch. Die fehlende Planbarkeit vereitelt auch in anderen Lebensbereichen immer wieder zahlreiche Vorhaben. Diese zunehmende Anzahl an Enttäuschungen erfordert Durchhaltevermögen. Je länger die früher bekannte Normalität nicht zurückkehrt, umso mehr benötigen wir eine neue Flexibilität. Denn kaum haben wir uns auf eine neue Situation eingestellt, schon ändern sich die Vorzeichen und Anordnungen wieder. Wie geht es dir so in diesen letzten Wochen und Monaten? Gehst du eigenverantwortlich oder sorglos mit der sich stetig ändernden Bedingungen um?
Eine neue Flexibilität beinhaltet vermehrt auch das Akzeptieren von Fremdbestimmung. Und Fremdbestimmung ist dem selbstzentrierten Menschen nicht mehr vertraut. Das moderne Denken hat Gott komplett aus der Gegenwart ausgeschlossen. Für viele Menschen wurde der Lockdown zu einem krassen Impuls, das eigene Leben zu hinterfragen und sich mit der Gegenwart einer übergeordneten Macht zu beschäftigen. Wer auf Gott vertraut, lässt zu, dass eine übernatürliche Kraft im Leben mitbestimmt und Hilfe leistet, bei den eigenen Beschränkungen und beim eigenen Unvermögen. In der Bibel stehen zahlreiche Tipps und Hilfestellungen im Umgang mit solchen Lebensthemen, wie sie uns in der Corona-Krise begegnet sind. Wenn dich Sorgen plagen, dann halte dich an Gottes Zusage fest: «Überlass alle deine Sorgen dem Herrn! Er wird dich wieder aufrichten; niemals lässt er den scheitern, der treu zu ihm steht (Psalm 55.23). Jesus sagte während seinem Wirken auf der Welt: «Macht euch keine Sorgen um euren Lebensunterhalt, um Nahrung und Kleidung! Bedeutet das Leben nicht mehr als Essen und Trinken, und ist der Mensch nicht wichtiger als seine Kleidung?» (Matthäus 6.25). Wenn du erschöpft bist und am Ende deiner Kräfte, dann rufe Gott um Hilfe. «Aus weiter Ferne rufe ich zu dir, denn ich bin am Ende meiner Kraft. Ich selbst kann mich nicht mehr in Sicherheit bringen, darum hilf du mir und rette mich!» (Psalm 61.3). Und Gott will, dass die Menschen selbstbewusst auf die Hilfe vertrauen: «Den Erschöpften gibt er neue Kraft, und die Schwachen macht er stark.» (Jesaja 40.29). Sich von Gott im Leben führen zu lassen, heisst trotzdem eigene Pläne zu machen und selbstverantwortlich zu handeln. «Der Mensch denkt über vieles nach und macht seine Pläne, das letzte Wort aber hat der Herr. Der Mensch hält sein Handeln für richtig, aber der Herr prüft seine Beweggründe. Vertraue dem Herrn deine Pläne an, er wird die Gelingen schenken» (Sprüche 16.1-3). Der Lebensweg mit Gott ist alles andere als langweilig, er ist ein Abenteuer. Auf dem Weg mit Gott lernst du oftmals bessere Wege kennen und erlebst wie grössere Träume in Erfüllung gehen.
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